Wirkungsweise der Akupunktur

Nach der Vorstellung der chinesischen Medizin fließt die Lebensenergie Qi im Körper in Leitbahnen, den sogenannten Meridianen. Dabei steht jeweils der Endpunkt des einen mit dem Anfangspunkt des nächsten Meridians in Verbindung, der letzte dann wieder mit dem ersten Meridian. Im Laufe eines Tages findet so ein Energieumlauf durch alle Meridiane statt. Allen "Organen" lassen sich so relativ feste Zeiten zuordnen, zu denen sie besonders "aktiv" oder eher energetisch schwach sind. Es entsteht das Bild der "Organuhr". Treten bestimmte Symptome immer zur gleichen Tageszeit auf, kann dies ein Hinweis auf eine Störung in dem zu dieser Zeit besonders aktiven Organsystem sein.

Kommt es im Verlauf eines oder mehrerer Meridiane zu Störungen, z.B. durch ein äußeres Trauma, wird der Energiefluß blockiert und es entsteht z.B. eine Schwellung und Schmerz. Auch andere äußere (z.B. das Wetter) oder innere Faktoren (insbesondere Emotionen, z.B. Trauer oder Ärger) können den Energiefluß im Körper schwächen und damit anfällig für Erkrankungen machen.

 

Auf den Meridianen befinden sich die Akupunkturpunkte, an denen das Qi erreicht und durch unterschiedliche Methoden beeinflusst werden kann. Durch wissenschaftliche Untersuchungen konnte dargestellt werden, dass es sich bei diesen Akupunkturpunkten anatomisch gesehen häufig um Durchtrittsstellen von Nerven-Gefäß-Bündeln durch die Körperfaszie unter der Haut handelt. Faszien sind feste bindegewebige Hüllen um Muskeln, Muskelgruppen oder auch ganze Körperabschnitte. Auch eine hohe Dichte von Nervenendigungen der Berührungs- und Drucksensoren in der Haut, Muskel- oder Sehnenspindeln im tiefer gelegenen Gewebe konnten an Akupunkturpunkten nachgewiesen werden. An diesen Punkten kann auch ein geringerer elektrischer Widerstand der Haut gemessen werden.

So kann man sich auch mit der „westlichen“ Denkweise vorstellen, dass durch Reizung von Akupunkturpunkten mittels feiner Nadeln, durch Massage (Akupressur) oder auch mit einem Akupunkturlaser eine Beeinflussung des Organismus möglich ist. Neben dem inzwischen allgemein bekannten und nachgewiesenen Analgesieeffekt (Schmerzhemmung), infolge dessen die Akupunktur Eingang in die Schmerztherapie der westlichen Medizin gefunden hat, konnten weitere Wirkungen der Akupunktur unter anderem auf die Durchblutung, das Immunsystem, den Muskeltonus, die Endokrinologie (= Lehre von den Hormonen) und das vegetative Nervensystem nachgewiesen werden.

Die unterschiedliche Beeinflussung der Akupunkturpunkte erfolgt durch den Nadeleinstich selbst, die unterschiedliche Verweildauer der Nadel und ggf. die Manipulation der Nadel, aber auch durch die Stimulation mit Laserlicht.

Der Akupunkturpunkt kann bei bestimmten Indikationen zusätzlich auch erwärmt werden = Moxibustion. Dazu wird ein Stück getrocknetes und gepresstes Beifuß-Kraut auf die Akupunkturnadel aufgesteckt und angezündet. Die entstehende Wärme gelangt über die Nadel ins Körperinnere und entfaltet so ihre Wirkung. Bei empfindlichen Patienten kann auch eine Moxa-Zigarre mit geringem Abstand über den Akupunkturpunkt gehalten werden, um den Punkt zu erwärmen.

 

 

 

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Becker, R.O.: Electrophysiological correlates of acupuncture points and meridians (Psychoenerget sys 1, 1976, 105 – 112);
Egerbacher, M.: Anatomische und histologische Untersuchungen zur Morphologie ausgewählter Akupunkturpunkte am Rumpf bei Rind und Hund (Dissertation Wien 1991);
Li, P., Pitsillides, K. et al.: Reversal of reflex-induced myocardial ischemia by median nerve stimulation – a feline model of electroacupuncture (Circulation 97 (12), 1998, 1186 – 1194);
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Maret, A., Roth, L.U.: Akupunkturpunkte zeigen objektive und subjektive Spezifität (Acupuncture in medicine 5, 1997)
A. Reitz: Vergleich therapeutischer Effekte von Laserakupunktur und medikamenteller Therapie bei der COB (RAO) des Pferdes (Inaugural-Dissertation, Fachbereich Veterinärmedizin JLU Gießen, 2006)